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Die dritte Generation

Vor 25 oder etwas später sind sie gekommen. Die Flüchtlinge aus Baku und anderen Orten in Azerbajan. In den Nachrichten war damals etwas "Unerhörtes" zu vernehmen: offene militärische Konflikte in der bis dahin eisern zusammen gehaltenen und/oder von Informationen (nach innen und nach aussen) abgeschirmten Sowjetunion. Nagorno Karabakh, eine von vielen Armeniern bewohnte Region, die zu Sowjetzeiten der Sowjetrepublik Azerbajan zugeschlagen wurde, war auf einmal Schauplatz offener ethnischer Auseinandersetzungen geworden, mit dramatischen Auswirkungen für beide Republiken 25 bis 50 Tausend Tote und über eine Million vertriebene Menschen auf beiden Seiten - und die Vertiefung einer lange währenden ethnoschen und religiösen Feindschaft, die - aus meiner aktuellen Perspektive, also aus armenischer Sicht - fast jede Familie irgendwie betrifft. Das Thema ist überall präsent, nicht nur, weil es im August 2014 zu neuen bewaffneten Auseinandersetzungen kam, die die Brüchigkeit des seit 1994 anhaltenden Waffenstillstandes deutlich machen.

 

In Kasakh, einem Stadtteil am nordwestlichen Rand von Yerevan, leben auf dem Gelände eines ehemaligen Gefängnis noch über tausend Flüchtlinge mit ihren Familien und Kindern, die inzwischen in dritter Generation Teil dieser schrecklichen Geschichte sind. Allerdings kann niemand genau sagen, wie viele der ehemals hier wohnenden Flüchtlinge weiter gezogen sind, um ihr Glück in Armenien, Russland oder sonst irgendwo auf der Welt zu suchen.

 

In umgebauten Gefängnisbauten, neu errichteten Häusern, aber auch in damals errichteten bzw. provisorisch umgebauten "temporäry shelters", also für eine kurze Zeit gedachten Behausungen sind sie inzwischen fest integrierter Bestandteil der Dorfgemeinschaft, mit allen sozialen und materiellen Unterschieden.

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